Voyeurismus-Touren im Slumtourismus
Kinder sind keine Touristenattraktion
Die Schattenseite im Tourismus:
Armutsviertel als Sehenswürdigkeit
Noch immer werden im Tourismus organisierte Touren durch städtische Armutsviertel angeboten, um einen direkten Einblick in das tägliche Leben der Bewohner zu erhalten.
Dieser sogenannte Slumtourismus ist besonders in Städten wie Mumbai (Dharavi), Kapstadt (Townships), Rio de Janeiro (Favelas) oder Nairobi (Kibera) verbreitet. Oft wird er auch als „Poverty Tourism“ oder „Reality Tourism“ bezeichnet.
Doch während die Veranstalter dieser eher umstrittenen Angebote meist betonen, dass diese Reisen das Bewusstsein schärfen und ihren Gästen ‚authentische Einblicke‘ ermöglichen, warnen kritische Stimmen vor der problematischen Zurschaustellung menschlicher Not und prekärer Lebenssituationen.
So wird in diesem Zusammenhang auch von Armutsvoyeurismus gesprochen, da selbst Kinder unfreiwillig als „Sehenswürdigkeiten“ oder Fotomotive benutzt werden.
Doch auch im Urlaub sollte für alle Reisenden der Schutz der Privatsphäre und Ehre von allen Kindern selbstverständlich sein.
Kinderrechte werden beim Slumtourismus oft übersehen
Ein abgemagertes Kind sitzt traurig in einer verdreckten Gasse, während eine Gruppe Kinder in verschlissener Kleidung auf einer staubigen Straße spielt - manche Reisende halten solche Momente mit der Kamera fest, ohne sich bewusst zu sein, dass sie damit Grenzen überschreiten.
Denn was für manche Reisende ein faszinierendes Motiv ist, kann für die fotografierten Kinder eine Demütigung bedeuten.
Dabei ist es kein Bild wert, dass die Würde und Ehre von Menschen geschweige von Kindern verletzt wird, indem sie ungefragt zum Objekt fremder Erinnerungen gemacht werden.
Das gilt nicht nur auf Reisen, sondern auch im Alltag: Fotos von Kindern werden oft bedenkenlos in sozialen Netzwerken geteilt - ohne dass die Kinder selbst oder ihre Eltern ihr Einverständnis dazu gegeben haben.
Wer jedoch ungefragt Fotos von Personen, insbesondere von Kindern, macht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass dies eine Verletzung des Rechts der Kinder auf Schutz vor willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in ihr Privatleben ist.
Die unerlaubte Veröffentlichung solcher Bilder verletzt zudem die Ehre und den Ruf der Kinder.
So heißt es in der
UN-Kinderrechtskonvention - Artikel 16 :
Schutz der Privatsphäre und der Ehre
Die UN-Kinderrechtskonvention stellt im Artikel 16 klar:
- „Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.“
Zudem gilt:
- „Das Kind hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“
Deshalb sollte es für uns eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir allen Kindern dieser Welt auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen.
Alternativen zum Slumtourismus
Wer profitiert denn nun wirklich von Slumtouren?
Der Grat zwischen echtem Interesse und Armutsvoyeurismus ist sehr schmal.
Denn während die Veranstalter an den Touren durch die Armenviertel verdienen und die Reisenden authentische Einblicke erwarten, bleibt für viele Menschen vor Ort oft nur das ungute Gefühl, als Kulisse für zahlende Besucher zu dienen.
Für die meisten Reisenden bleiben Slums einfach nur eine außergewöhnliche Sehenswürdigkeit.
Sie reisen weiter, ohne einen langfristigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in den besuchten Gegenden zu leisten. Und solange die Touren in dieser Form durchgeführt werden, wird auch der Slumtourismus umstritten bleiben.
Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, die Situation der Menschen in den Armenvierteln positiv zu beeinflussen:
- Slum-Genossenschaften unterstützen
Slum-Genossenschaften sind Zusammenschlüsse von Bewohnern, die gemeinsam an der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen arbeiten. Durch die kollektive Organisation können sie Ressourcen bündeln, um Wohnraum aufzuwerten, Infrastrukturprojekte umzusetzen oder wirtschaftliche Initiativen zu fördern.
Diese kooperativen Ansätze helfen, Armut zu reduzieren und soziale wie wirtschaftliche Entwicklungen voranzutreiben.
- Lokale Guides bevorzugen
Einheimische, die selbst in der Gemeinde leben, können den Besuchern auf genehmigten Touren ein realistisches Bild ihrer Umgebung vermitteln. Dabei wird auf ein verantwortungsbewusstes Verhalten während der Tour hingewiesen, wozu auch das unerlaubte Fotografieren der dort lebenden Menschen gehört (Klickverbot).
Letztendlich ist kein Bild es wert, die Würde eines Menschen zu verletzen.
- Soziale Projekte fördern
Ein Teil der Einnahmen sollte vorort in Bildungs-, Gesundheits-, oder anderen sozialen Projekten fließen, die zur Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Gemeinschaften beitragen.
Wie solche Projekte aussehen können zeigt das:

KLIPTON YOUTH PROGRAM -
Für einen ethischen Wandel im Tourismus
Das Kliptown Youth Program (KYP) wurde 2007 gegründet und unterstützt Kinder aus Kliptown, einem benachteiligten Stadtteil von Soweto, Südafrika.
Es fördert die Bildung durch Nachhilfeunterricht, Unterstützung bei den Schulgebühren, Mahlzeiten und Zugang zu Online-Lernmöglichkeiten.
Das Programm bietet auch Berufsausbildung und kreative Aktivitäten an, um den Jugendlichen zu helfen, die Armut zu überwinden.
GEOlaViva bietet keine Empfehlungen für:
Voyeuristische Ausflugsangebote, bei denen Kinder, die in Waisenhäusern oder Slums leben oder in der Schule lernen, als Touristenattraktion besucht und fotografiert werden!
Quellenverzeichnis und weiterführende Informationen
für die Kinderrechte im Tourismus:
UNICEF:
- Kinderrechte & SDGs >>
- Welche Bedeutung haben Kinderrechte für die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung? >>
Deutsches Kinderhilfswerk:
Aktionsbündnis Kinderrechte:
ECPAT Deutschland e.V. :
ECPAT Österreich:
Nicht wegsehen:
The Code:
Brot für die Welt:
Tourism Watch:
- Voluntourismus: Soziales Engagement „All Inclusive“?
- Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus (Studie PDF) >>
- Vietnam: Kinderschutz und Nachhaltigkeit verankern >>
- Kinderrechte im Tourismus stärken >>
- Kinder schützen bei Projektbesuchen >>
Terre de Homes:
- Kinderarbeitsreport 2024 >>
- Kinderhandel >>
- Kenia: Minderjährige vor sexueller Ausbeutung schützen >>
- Sexuelle Gewalt >
Hope and Homes for Children:
Friends-International - Thinkchildsafe:
Roundtable Human Rights in Tourism:
detektor.fm: